Im Jahr 2013 betraten die ersten Wasserbüffel Beate und Herbert Schachners Bio-Bauernhof in Oberösterreich. Ein totaler Quereinstieg in die Tierhaltung für die beiden ursprünglichen Physiotherapeut:innen, die den geerbten Bauernhof bis dahin nur für den Getreideanbau bewirtschaftet hatten. Nun, 11 Jahre und viel Erfahrung später, steigen die beiden aus der Wasserbüffelzucht aus.
Im heutigen Gespräch mit den beiden Wasserbüffelhalter:innen gewähren sie uns Einblicke in die Lebensrealität von kleinbetrieblichen (Bio-) Landwirtschaften und deren Herausforderungen heutzutage und wie es zum Ausstieg aus der Wasserbüffelzucht kam.

Wie seid ihr ursprünglich zur Bio-Landwirtschaft und speziell zur Wasserbüffelzucht gekommen?
Beate: Grundvoraussetzung dafür, dass wir überhaupt eine Landwirtschaft betreiben konnten, war, dass wir einen Hof geerbt haben. Und weil wir uns immer schon für bewusste Ernährung interessiert haben, war für uns klar: Wenn wir schon einen Hof haben, wird der auch biologisch bewirtschaftet. Aber es war lange nicht klar, dass wir das selbst machen. Anfangs als wir den Hof übernommen haben, waren nämlich alle Gründe verpachtet. Dann haben wir begonnen zu überlegen, dass das doch spannend wäre, wenn wir zumindest mit ein bisschen Getreideanbau anfangen würden und so haben wir nach und nach ein Feld nach dem anderen aus der Verpachtung rausgenommen.
Herbert: Und mit den Wasserbüffeln haben wir begonnen, weil wir einige feuchte Nasswiesen besitzen, die keine andere landwirtschaftliche Nutzung erlauben. Und gleichzeitig haben wir nach einem Nischenprodukt gesucht. Weil wir bewusste Fleischesser sind, die gerne hochwertiges Fleisch essen und solches auch produzieren wollten, kam es zu den Wasserbüffeln.

Welche Herausforderungen habt ihr in den letzten Jahren in der Wasserbüffelzucht erlebt?
Herbert: Die Wasserbüffelzucht an und für sich war nicht kompliziert, sondern das Schwierige und die Herausforderung war einfach die Vermarkungssituation. Weil durch die Ukraine Krise und die gestiegenen Kosten auch die Betriebskosten von unserem Hof gestiegen sind. Und auf der anderen Seite haben die Konsumenten bei Lebensmitteln spürbar weniger Geld ausgegeben. Somit ist die Vermarktung des Fleischs deutlich schwieriger geworden.
Was bedeutet Regionalität für euch und euren Betrieb und auch für die Vermarktung eurer Produkte?
Herbert: Wir verkaufen das Fleisch ausschließlich ab Hof, das heißt unsere Kunden sind aus der Region und holen das Fleisch von unserem Hof ab. Die einzige Ausnahme ist, dass wir einen gewissen Kundenstock in Wien haben, der aber über Bekannte und Verwandte aufgebaut wurde. Nach jeder Schlachtung liefern wir einen gewissen Teil auch zu den Direktkunden nach Wien.
Beate: Und das CO2 neutral mit dem Zug.

Die Landwirtschaft verändert sich ständig, ob durch den Klimawandel oder politische Rahmenbedingungen. Wie seht ihr die Zukunft der Bio-Landwirtschaf?
Beate: Ja nicht rosig. Wir bekommen auch rundherum mit, dass die Betriebe wirtschaftlich massiv zu kämpfen haben. Viele werfen das Handtuch und können den Betrieb nicht mehr tragen – die Arbeitsbelastung ist einfach so unglaublich hoch und das, was unterm Strich dabei rausschaut, entspricht dem einfach nicht annähernd. Viele produzieren zu einem Nullsummenspiel. Es ist auch nicht Ordnung, dass die Gesellschaft nicht honoriert, was da an ideeller und zukunftsweisender Arbeit geleistet wird. Sondern im Gegenteil, man bekommt immer mehr Auflagen, es herrschen immer schwierigere Bedingungen, unter denen man produzieren soll – das ist für kleine Betriebe oft nicht mehr tragbar. Wir brauchen Kunden, die die Direktvermarkter unterstützen. Ohne diese Kunden wird die Direktvermarktung innerhalb von wenigen Jahren sterben und dann gibt es diesen Genusssalon Österreich, der beispielsweise in der Tourismusbranche so groß propagiert wird, nicht mehr. Wenn wir die Direktvermarkter und die Kleinproduzenten nicht entsprechend unterstützen, dann wird es solche Betriebe in Zukunft nicht mehr geben.
Herbert: Und um die Frage nach dem Klimawandel zu beantworten: Der Klimawandel erschwert natürlich je nachdem wie die Witterungsbedingungen sind, gewisse Sparten. Vor 4 oder 5 Jahren haben wir als Grünlandbetrieb extrem unter der Sommertrockenheit gelitten. Gras ist abhängig vom Niederschlag und wenn wochenlang kein Niederschlag fällt, wächst kein Gras, was für Grünlandbetriebe eine unglaubliche Herausforderung ist.

Ihr habt betont, wie wichtig es ist, dass Menschen regionale Produkte kaufen: Wie reagieren die Menschen in eurer Region auf eure Produkte und euer Engagement für Nachhaltigkeit und Regionalität?
Herbert: Ja es gibt schon einige, die uns unterstützen, nur der Prozentsatz dieser ist sehr gering. Insofern ist es schwierig einen entsprechend großen Kundenstock zu haben, der so denkt. Solche Menschen gibt es zwar, aber die Anzahl der Personen ist überschaubar und aus unserer Sicht sind Personen, die so denken und handeln nicht unbedingt mehr geworden in den letzten Jahren.
Beate: Nein, ganz im Gegenteil. Früher konnten wir damit rechnen, dass wir monatlich von so und so viel Neukunden Anfragen bekommen haben – und diese Neukunden gibt es so gut wie nicht mehr. Ohne Neukunden kann man aber nicht leben, weil man auch in der Direktvermarktung eine gewisse Fluktuation an Kunden hat. Wir haben zwar einen Kundenstock, der uns relativ treu ist, aber es müssen immer wieder Neukunden dazukommen und wenn das nicht mehr der Fall ist, aus welchen Gründen auch immer, dann geht es einfach nicht.


Was könnte eurer Meinung bei der Vermarktung regionaler Produkte helfen?
Herbert: Social Media. Wenn man Neukunden akquirieren möchte, muss man sich überlegen diese anzusprechen und das ist der Schritt, den wir aus Interesse und zeitlichen Gründen nie geschafft haben. Wir haben eine Homepage, aber das ist das einzige. Wir haben keine anderen Kanäle genutzt, um Marketing zu betreiben und das war aus mangelndem Interesse und Zeit auch nicht möglich. Es hätte sicher etwas verändern können, hätte man diese Vermarktungskanäle aktiv und professionell genutzt. Dafür braucht es aber Know-How und Zeit.
Lässt sich der Spagat zwischen ökologischen Werten und wirtschaftlichem Erfolg im Bio-Landbau langfristig überhaupt schaffen?
Beate: Nein, unter diesen Rahmenbedingungen nicht. Vor allem die Kleinlandwirte werden es nicht schaffen. Ein paar große werden es irgendwie schaffen, aber alle die klein und unter zwanzig Hektar sind, die werden es nicht schaffen über kurz oder lang. Denn auch von der jungen Generation wird niemand nachrücken, weil alle sehen, was die Eltern an Arbeitseinsatz haben und wie wenig unterm Strich übrigbleibt – unter diesen Voraussetzungen will man ja keinen Betrieb übernehmen.
Herbert: Das Problem ist die Förderstruktur. Die Förderstruktur im Landwirtschaftsbereich fördert keine kleinstrukturierte Landwirtschaft, wo Lebensmittel in hoher Qualität und Handarbeit hergestellt werden. Das wird zurzeit nicht so gefördert, dass man überlebensfähig ist. Das ist ein politisches Problem und da muss sich die Gesellschaft überlegen, ob hochwertige Lebensmittel weiterhin produziert werden sollen, und wenn ja, dann muss das Fördersystem verändert werden.
Ihr habt beschlossen, euch nach und nach aus der Wasserbüffelzucht zurückzuziehen. Was sind die Hauptgründe für diesen Schritt?
Beate: Einerseits die übergroße Arbeitsbelastung, die bedeutet, dass man 365 Tage im Jahr Anwesenheitspflicht hat, ohne Aussicht auf Urlaub oder ein normales soziales Leben. Und auf der anderen Seite die finanzielle Situation. Es bleibt einfach zu wenig übrig. Wenn wenigstens die Arbeit, die wir haben, entsprechend abgegolten wäre, wenn wir keine Probleme mit der Vermarktung hätten, wenn die Nachfrage so groß wäre, dass wir das Gefühl hätten, dass uns die Kunden das Fleisch aus der Hand reißen würden, dann wäre das vielleicht noch interessant gewesen. Aber so ist es schon unlustig.

Habt ihr aber auch schöne und positive Erfahrungen im Laufe eurer Arbeit erlebt?
Herbert: Ja natürlich. Wasserbüffel sind Tiere, die ganz archaische Wesen sind und die einen außergewöhnlichen Charakter und Herdenzusammenhalt haben. Die Arbeit mit diesen außergewöhnlichen Tieren war sehr beeindruckend. Da hat es lustige und auch einfach sehr schöne und intensive Momente gegeben.
Beate: Wir haben die Tiere grundsätzlich so gehalten, dass sich jedes von uns hat anfassen lassen. Das ist ein anderer Zugang, als wenn man irgendwo eine anonyme Herde stehen hätte. Wir haben ja Streicheltiere gehabt, das heißt, wir haben einen sehr intensiven Kontakt mit den Tieren gehabt und haben Dinge mit den Tieren machen können, die ein normaler Landwirt nicht machen kann. Wir konnten ihnen zum Beispiel im Liegen ohne Fangstand die Klauen schneiden, oder haben einem verletzten Tier einen Nagel aus dem Huf gezogen, oder haben ein Kalb aus der Suhle gerettet, während die Mama danebenstand und uns einfach zugesehen hat. Es hat ganz viele Erlebnisse gegeben, die nicht möglich gewesen wären, wenn wir nicht so einen intensiven Kontakt mit den Tieren gepflegt hätten und uns nicht darum bemüht hätten, dass sich unsere Kälber von der Geburt an streicheln lassen.

Was sind eure Pläne für die Zukunft, nachdem ihr die Wasserbüffelzucht hinter euch lasst? Gibt es neue Projekte oder Visionen, die ihr verfolgt?
Herbert: Der landwirtschaftliche Grund ist an einen befreundeten Landwirt und Bio- Betrieb verpachtet, der auf unseren Flächen hauptsächlich Soja anbauen wird. Und meine freigewonnenen Zeitressourcen können neu eingesetzt werden: Zum Beispiel fürs Experimentieren in Richtung Sojaverarbeitung – Die Herstellung von hochwertigem Eiweiß aus pflanzlicher Quelle und nicht aus wie zuvor tierischer Quelle. Wir haben nun Zeit Versuche zu machen, um aus den hier angebauten Sojabohnen Tempeh zu erzeugen und dieses Produkt regional zu vermarkten.
Schau gerne auch auf der Website des Wasserbüffelbetriebs vorbei. Klick einfach HIER.