Es scheint paradox. Man steht vorm Gemüseregal im Supermarkt und will sich guter Dinge für die Bio- Variante entscheiden, doch die ist in Plastik eingeschweißt. Bestes Beispiel dafür ist der Gurkenvergleich: konventionelle Gurken sind meistens unverpackt, während die Bio- Gurke in Plastikfolie gehüllt ist. Da steht man als Kosument:in oft ratlos im Gemüsegang und versucht abzuwiegen, welche Variante wohl die umweltfreundlichere ist. Und gleichzeitig kommt man sich auch irgendwie veräppelt vor, denn eigentlich möchte man ja umweltbewusst konsumieren, aber aufgrund der Plastikverpackung kann man nicht mal Bio guten Gewissens kaufen. Oder?
In Realität ist die Welt der Verpackungen oft viel komplexer wie im allgemeinen Verständnis von uns Konsument:innen verankert. Die verbreitete Annahme lautet wie folgt: Plastik ist schlecht, Papier gut und Glas super. Das kann man pauschal aber leider keineswegs behaupten.
Die verteufelte Plastikverpackung
Die weitverbreitete Einstellung zu Plastikverpackungen gilt: Wollen wir nicht, weg damit! Plastik ist als Umweltsünder bekannt und gilt im Anspruch der klimafreundlichen Tugend zu vermeiden. Jedoch schneidet die Plastikverpackung in der Ökobilanzierung oft besser ab als seine vermeintlich umweltfreundlichen Alternativen.
Bleiben wir beim Beispiel der Salatgurke. Eine österreichische Studie der denkstatt ergab, dass unverpackte Gurken viel schneller verderben als in Plastik gehüllte Gurken. Angesichts der hohen Abfallraten der Gurken im Handel, ist der Nutzen durch die Abfallvermeidung um ein Vielfaches höher als der Umweltschaden durch die Verpackung.
Denn insbesondere bei Lebensmitteln kann der Produktschutz einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung unseres ökologischen Fußabdrucks leisten. Kunststoffe schützen Lebensmittel vor Verderb und Beschädigung und angesichts dessen, dass ein Drittel aller produzierten Lebensmittel verschwendet wird, ist die Wahl der richtigen Verpackung essenziell. Denn die Lebensmittelproduktion bedarf enormer Ressourcen und die Belastung der Umwelt durch die Verpackung, welche ein Produkt vor Verderb schützt, ist dabei wesentlich geringer, als wenn das Produkt weggeschmissen wird und die für die Produktion eingesetzten Ressourcen umsonst waren.
Angesichts ihrer überraschenden Ergebnisse, kritisiert eine weitere Studie der denkstatt die hitzig geführte Debatte um Plastiktüten: Denn der Verbrauch einer österreichischen Konsument:in an Plastiksackerl ist äquivalent zur Umweltbelastung von 13, mit dem Auto gefahrenen, Kilometern. Überraschend wenig, oder?
Dies soll die Auswirkungen von Verpackungsmüll und dessen Kritik nicht relativieren, jedoch muss auch hinterfragt werden, ob die Debatten, die wir im Kontext des Klimawandels in den Fokus stellen, wirklich von so großer Relevanz sind. Unweigerlich muss dafür gesorgt werden, dass der Kunststoff dem Recyclingkreislauf zurückgeführt wird, sodass er nicht in die Umwelt gelangt, beziehungsweise müssen effizientere Verpackungssysteme entwickelt und gefördert werden. Aber in Anbetracht des Studien- Ergebnis, stellt sich die Frage, ob wir nicht mehr über das Autofahren und Heizen diskutieren sollten als über Plastiksackerl im Supermarkt.
Glas vs. Kunststoff: Was ist umweltfreundlicher?
Glasverpackungen genießen ein grünes Image: Wer zur Glasverpackung greift, greift angeblich zur umweltfreundlichen Alternative. Aber leider ist das nicht immer wahr.
Denn Tatsache ist, dass die Glasherstellung sehr energieaufwändig ist und dabei endliche Rohstoffe wie Quarzsand verbraucht werden. Gleichzeitig werden aber auch in der Kunststoffherstellung fossile Rohstoffe wie Erdöle in einem chemischen Prozess verarbeitet.
Trotz seiner guten Recyclingfähigkeit weist Glas bei nur einmaliger Nutzung (Einwegglas) eine sehr schlechte ökologische Bilanz auf. Erst durch die Mehrwegnutzung (bis zu 50-mal) wird Glas zu klimaschonender Verpackung. Eine Mehrweg PET- Flasche benötigt in der Herstellung weniger Energie, kann im Vergleich zur Mehrweg- Glasflasche aber nur 25-mal wieder befüllt werden. Weil sie aber leichter sind als Glasflaschen, ist ihr Energieverbrauch beim Transport aber deutlich geringer, weshalb PET- Mehrwegsysteme umweltfreundlicher als Glas- Mehrwegsysteme sind. Eine Einweg PET- Flasche schneidet in ihrer Ökobilanz am schlechtesten ab, da sie zwar zu 100 Prozent in die Recyclinganlage zurückgeführt werden kann, aber aufgrund des Qualitätsverlust des entstehenden Kunststoff- Granulats nur zu einem geringen Anteil zur Herstellung für neue Flaschen verwendet werden kann. Für die Produktion neuer PET – Flaschen kann nur 25 Prozent des recycelten Materials herangezogen werden, für den Rest wird neuer Kunststoff verwendet.
Mehrweg-Glasflaschen sind im Vergleich zu Plastikflaschen erheblich schwerer, was zu höheren CO2-Emissionen beim Transport führt. Je weiter Verkaufs- und Abfüllort entfernt sind, desto schlechter fällt die Umweltbilanz der Glasflaschen aus. Für Produkte wie Milch, bei denen es nur wenige Abfüllstellen gibt, sind Getränkekartons daher aus ökologischer Sicht oft sogar die beste Wahl. Insgesamt gilt: Je näher das Getränk an seinem Verkaufsort produziert wird, desto umweltfreundlicher ist die Verwendung von Mehrweg-Glasflaschen.
Beim Kauf von Glasflaschen sollten Verbraucher:innen darauf achten, regionale Anbieter oder weit verbreitete Flaschenformen, sogenannte Poolflaschen, zu wählen. Poolflaschen werden von verschiedenen Abfüllern genutzt und durch ihre regionale Verteilung können Transportwege und CO2-Emissionen reduziert werden.
Fazit
Die Debatte um die Verpackung steht oft im Fokus bei Klimafragen, dabei sollte man sich aber vor Augen führen, dass Verpackungen für nur 1% unseres Gesamtfußabdrucks verantwortlich sind. Im Gegensatz dazu sind unser Konsum (~ 25%), Heizung (~ 18%), Ernährung (~ 15%), und Autofahren (~ 14%) hauptverantwortlich für unseren ökologischen Fußabdruck. Natürlich ist die Auseinandersetzung mit Verpackung und besonders die Frage nach der umweltfreundlichsten Verpackung weiterhin von hoher Relevanz. Jedoch muss dabei beachtet werden, dass die Verpackung viele Funktionen zu leisten hat und dass jene, als umweltfreundlich wahrgenommene, Verpackungen in Realität der Umwelt oft mehr schaden als ihr guter Ruf erahnen lässt. Als Konsument:in ist es schwer zu erkennen, welche Verpackung in welchem Fall die umweltschonendste Wahl ist, weshalb insbesondere Unternehmen in der Pflicht stehen, Verpackungen umweltgerecht zu designen und Konsument:innen darüber zu informieren und aufzuklären. Das gilt auch im Fall der in Plastik verpackten Bio- Gurke.