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Kann man reinen Gewissens Fliegen? Ein Blick auf die CO2- Kompensation

Dass Flugreisen umwelttechnisch problematisch sind, ist allgemein bekannt. Weltweit heben täglich zigtausende Flieger ab und machen sich auf den Weg um den Globus. Und insbesondere in den Sommermonaten werden klimabewusste Personen mit der Frage konfrontiert: Wohin geht’s in den Urlaub und wie komme ich dahin?  Situation Zwickmühle: Der Widerspruch der eigenen umweltbewussten Prinzipien mit dem Wunsch die Welt zu sehen.  

Die einfachste Antwort auf dieses Dilemma lautet natürlich: Fliegen vermeiden und möglichst klimaschonend reisen. Wie das geht, haben wir in DIESEM Blog- Post schon näher beleuchtet.

Tatsache ist aber auch, dass nicht jeder Ort durch klimaschonende Verkehrsmittel wie Bus, Bahn oder Auto erreichbar ist. Muss ich als bemüht nachhaltige Person also auf Fernreisen verzichten?

CO2- Kompensation für Flugreisen

Für dieses moralische Dilemma schlägt die Reiseindustrie eine Lösung vor: CO2- Ausgleich durch Kompensationszahlungen. Die grundsätzliche Idee der CO2-Kompensation bei Flugreisen beruht darauf, dass Reisende oder Fluggesellschaften die Menge an CO2, die durch ihre Flüge emittiert wird, durch finanzielle Unterstützung von Projekten ausgleichen können, die entweder die gleiche Menge CO2 aus der Atmosphäre entfernen (z.B. durch Aufforstungsprojekte) oder durch andere Maßnahmen die CO2-Emissionen anderswo reduzieren (z.B. durch den Einsatz erneuerbarer Energien).

In der Praxis sieht das so aus: Man meldet sich auf der Webseite eines CO2-Ausgleich-Anbieters an, muss Infos zur geplanten Reise angeben (Ab- und Anreiseort, Verkehrsmittel, und so weiter) und wählt ein Kompensationsprojekt aus. Nun wird einem eine gewisse Summe für die Ausgleichszahlung angegeben, die man sogleich bezahlt.

Blick aus dem fliegenden Flugzeug

Kritik an den CO2- Ausgleichszahlungen

So easy wie diese Lösung klingt, ist es in Realität leider nicht. Denn in den letzten Jahren konnten Recherchen, wie von der Wochenzeitung Zeit oder der journalistischen Medienplattform Flip, widerlegen, dass die Versprechungen von gewissen CO2-Ausgleich- Anbietern oftmals leer sind und deren Klimaprojekte dem Klima nichts nützen. Ein besonders schockierendes Ergebnis lieferte die Recherche der Zeit und des Guardian zum weltweit führenden Zertifizierer von CO2-Kompensationen Verra:  Mehr als 90 Prozent der Zertifikate der untersuchten Projekte sparen, der Untersuchung zufolge, kein CO2 ein.

Wie ist das möglich? Eine der Hauptbedenken bei Zertifikaten aus Waldschutzprojekten (wie Verra sie ausstellt) ist die Überschätzung der tatsächlichen Emissionsminderungen. Dies kann passieren, wenn die angenommene Rate der Abholzung unrealistisch hoch eingeschätzt wird oder wenn die genaue Messung der vermiedenen Emissionen schwierig ist. Dadurch sind die tatsächlichen CO2-Einsparungen durch die Projekte geringer als ursprünglich angegeben, was zu einer Überbewertung der Zertifikate führt.

Waldschutzprojekt: Bäume pflanzen

Klimaschutzprojekte wie Bäume pflanzen sind auch kritisch zu betrachten, da die gepflanzten Bäume viel Zeit benötigen, um groß zu werden und eine tatsächliche Klimawirkung zu erzielen. Die von uns verursachten fossilen Emissionen verweilen bis zu 1.000 Jahre in der Atmosphäre- dementsprechend sollten auch die Ausgleichsprojekte langfristig ausgerichtet sein. Aus diesem Grund wird empfohlen, keine Projekte zur Baum- oder Landnutzung für Kompensationszwecke zu verwenden.

Weitere Gründe weshalb die CO2- Kompensation kritisch zu betrachten ist:

  • Rebound-Effekt: Es besteht die Sorge, dass die Möglichkeit der CO2-Kompensation dazu führen könnte, dass Menschen und Unternehmen weniger motiviert sind, ihre tatsächlichen CO2-Emissionen durch Maßnahmen wie die Reduktion von Flugreisen oder die Investition in nachhaltigere Technologien zu verringern. Dieser „Rebound-Effekt“ könnte dazu führen, dass die Gesamtemissionen nicht signifikant gesenkt werden.
  • Greenwashing: Ein häufiger Vorwurf ist, dass CO2-Kompensationen oft als Mittel des „Greenwashing“ genutzt werden. Das bedeutet, dass Fluggesellschaften oder Reiseveranstalter:innen durch den Kauf von CO2-Zertifikaten den Eindruck erwecken können, umweltfreundlich zu sein, ohne jedoch ihre eigenen Emissionen tatsächlich zu reduzieren. Dies könnte dazu führen, dass Verbraucher:innen glauben, dass ihre Flüge „klimaneutral“ sind, obwohl die tatsächlichen CO2-Emissionen nicht verringert werden.
  • Strukturelle Ungerechtigkeit: CO2-Kompensationen könnten dazu führen, dass wohlhabendere Personen oder Unternehmen ihre Verantwortung zur Reduzierung von CO2-Emissionen auf weniger privilegierte Regionen oder Individuen übertragen. Dies könnte zu einer strukturellen Ungerechtigkeit führen, wenn diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, die größten Lasten für dessen Bekämpfung tragen müssen.
  • Fehlende Regulierung und Standards: Es gibt keine einheitlichen internationalen Standards oder Regulierungen für CO2-Kompensationen, was zu einer mangelnden Transparenz und Vergleichbarkeit der verschiedenen Programme führen kann. Dies erschwert es Verbraucher:innen und Unternehmen, fundierte Entscheidungen über die Auswahl von CO2-Kompensationsprojekten zu treffen.
grünes Flugzeug über Weltkugel

Welche Klimaschutzprojekte sind sinnvoll?

Initiativen, die bereits profitabel sind und unabhängig vom Verkauf von Kompensationszertifikaten durchgeführt werden könnten, erfüllen keinen zusätzlichen Nutzen. Deshalb gilt als wichtigstes Kriterium bei Kompensationszahlungen: Das Klimaschutzprojekt soll erst durch die Zahlung der Kompensationsgebühr ermöglicht werden. Wäre das Projekt sowieso finanziert worden, so ist das CO2- Zertifikat wertlos, da kein zusätzlicher Nutzen entsteht. Das durch die Flugreise emittierte CO2 würde demzufolge nicht kompensiert, da die Kompensationszahlung keine zusätzlich positiven Auswirkungen hat.

Vertrauenswürdige Kompensationsprojekte erkennen

Da der Markt des freiwilligen CO2- Ausgleichs völlig unreguliert und intransparent ist, gibt es viele völlig wirkungslose Zertifikate mit denen Unternehmen einfach Greenwashing betreiben.

Vom WWF und einer Vielzahl anderer NGOs wurde ein Prüfsiegel entwickelt, das strengen Kriterien unterliegt: Der Gold-Standard integriert Emissionsreduktionen mit den UN-Nachhaltigkeitszielen, um die Auswirkungen eines Projektes auf das Klima und andere Nachhaltigkeitsaspekte zu bewerten. Projekte, die dieses Siegel tragen, können als zuverlässig angenommen werden, um einen positiven Effekt zu erzielen.
Daher solltest du immer darauf achten, ein Klimaschutzprojekt auszuwählen, das den Gold-Standard erhalten hat.

Quellen:

WWF

Utopia

Flip

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