In den beiden vorhergehenden Beiträgen zum Thema Pilz, wurden einerseits seine Potentiale bezüglich unserer Ernährung vor allem als Fleischersatz (Teil 1) und andererseits seine Fähigkeit, Schadstoffe aus der Umwelt zu filtern (Teil 2), näher beleuchtet. Und nun stellen wir dir einen nicht weniger interessanten Einsatzgebiet des Allroundtalents vor: Pilze als Baumaterial!
Nachhaltig Bauen mit Pilzen
Forscher:innen und Innovator:innen rund um den Globus beschäftigen sich heutzutage mit der Frage: Könnten Gebäude und Städte zukünftig aus Pilzen hergestellt und gebaut werden? Was bisher wie eine Utopie klingt, wird von vielen Expert:innen als vielversprechende Entwicklung für die Baubranche anerkannt.
Was macht den Pilz als Baumaterial so besonders?
Die Hauptaufgabe des Pilzes ist im Grunde als „biologischer Kleber“ zu fhungieren. Für diese Eigenschaft ist vor allem das Myzel, das unterirdische Wurzelgeflecht des Pilzes, verantwortlich. Das Myzel wird zuallererst mit einem Nährboden aus organischen Substraten, wie Getreideresten, Holzspänen oder Hanffasern vermischt. Der Pilz zersetzt und ernährt sich von der im Nährboden befindlichen Zellulose. Während des Wachstums durchdringt das Myzel das gesamte Material und bildet ein dichtes, dreidimensionales Netzwerk. Diese weiche, dichte Substanz kann nun in beliebige Formen gebracht werden. Am Schluss erhitzt man die Pilzmasse, wodurch das Wachstum beendet wird, und der Pilz stirbt. Mithilfe der Zugabe von Zuschlagsstoffen wie Hanf oder Flachs, lassen sich die Materialeigenschaften wie Porosität, Festigkeit und Elastizität steuern, sodass ein leichter und robuster biobasierter Verbundwerkstoff entsteht, der an spezifische Anforderungen angepasst werden kann.
Bislang wird sehr viel an diesem neuen Werkstoff und seinen Potentialen geforscht. Bereits heute werden Pilze als Baustoff vielseitig eingesetzt, vor allem in Bereichen wie Dämmung und Isolierung, da Myzel leicht, isolierend und umweltfreundlich ist. Zudem werden experimentelle Bausteine und Designmöbel aus Pilzmaterialien gefertigt, die durch ihr geringes Gewicht und dennoch Stabilität überzeugen. Ein Beispiel dafür ist das italienische Unternehmen mogu, das Dämm- und Fußbodenplatten aus Pilzen herstellt, die obendrein auch noch stylisch aussehen. Erste Architekturprojekte, wie Pavillons und Prototypenhäuser, zeigen die Tragfähigkeit und das Potenzial des Materials.
Für die Zukunft erhoffen sich Expert:innen, Myzel als vollwertigen Baustoff in nachhaltigen Gebäuden zu etablieren und ihn zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks breiter einzusetzen.
Warum gelten Pilze als umweltschonendes Baumaterial?
Pilze bieten als Baustoff zahlreiche ökologische Vorteile: Myzel wächst schnell und benötigt wenig Energie. Es wird in Kombination mit pflanzlichen Abfällen (beispielsweise aus der Agrarwirtschaft) wie Holzspänen oder Getreideresten verwendet, was ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft und Wiederverwertung ist. Im Gegensatz zu Beton und Stahl, die bei der Herstellung erhebliche Mengen CO₂ freisetzen und Ressourcen wie Sand und Kies verbrauchen, ist Myzel klimafreundlich und überall verfügbar – und ebenso leicht verfügbar sind die organischen Zuschlagstoffe aus landwirtschaftlichen Abfällen. Zudem ist der Pilzwerkstoff biologisch abbaubar und kann nach dem Einsatz kompostiert werden, wodurch er zur Müllvermeidung beiträgt. Überdies ist die Kultivierung von Pilzen einfach und beansprucht keine landwirtschaftlichen Nutzflächen – das verringert die Abhängigkeiten von Exporten und reduziert Transportwege, was Myzel zukünftig zu einem zentralen Baustein für nachhaltiges Bauen machen könnte.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Bauen mit Pilzen eine spannende und innovative Möglichkeit bietet, die Bauindustrie nachhaltiger zu gestalten. Trotz der bestehenden Herausforderungen, wie der Notwendigkeit, die Produktionsskalen weiterzuentwickeln, zeigt die fortlaufende Forschung vielversprechende Fortschritte. Die einzigartigen Eigenschaften und die ökologische Verträglichkeit von Pilzbaustoffen eröffnen neue Wege für kreative und umweltfreundliche Architektur. Die Zukunft des Bauens mit Pilzen hält daher große Potenziale bereit, um die Bauweise von morgen umweltbewusster und ressourcenschonender zu gestalten.